Die sozialdemokratischen Parteien Europas erleiden einen einzigartigen Niedergang. Um zu überleben, müssten sie sich neu erfinden. Doch noch suchen die Parteieliten ihr Heil in alten Rezepten.
Kommentar von Peter Rásonyi
http://www.nzz.ch/meinung/kommentare/leitartikel-das-ende-der-sozialdemokratie-ld.83738
Trotz anderweitiger Mitgliedschaft habe ich immer noch ein Faible für die SPD, die sich seit Jahrzehnten – mal mehr, mal weniger – für die Belange der „Arbeiterklasse“ eingesetzt hat. Und nun der Absturz dieser alteingesessenen Partei in den letzten Jahren, den ich mit Wehmut und Sorge betrachte.
Rásonyi sieht die Gründe für den Niedergang der sozialdemokratischen Parteien in ganz Europa darin, dass es den Sozialdemokraten nicht gelungen sei, ihre wegbrechenden Existenzgrundlagen (durch Rückgang der Arbeiterschaft infolge der fortschreitenden Industrialisierung sowie durch Verflüchtigung von linken ideologischen Überbauten und sozialistische Utopien) weitgehend durch neue Ideen und Projekte mit ähnlicher Anziehungskraft zu ersetzen.
Anstatt sich neue identitätsstiftende Ziele zu suchen, verbissen sich führende europäische Sozialdemokraten in die muffigen Rezepte der Vergangenheit. So würde sich die SPD wider alle Vernunft auf eine Rücknahme der Rentenreformen versteifen, die im letzten Jahrzehnt mit Müh und Not durchgesetzt worden seien.
Auch sei die Abhängigkeiten gegenüber den Gewerkschaften gefährlich, da deren Mitgliederbasis wegen der Deindustrialisierung weitgehend auf den vergleichsweise gut bezahlten und abgesicherten öffentlichen Sektor geschrumpft sei. Hierdurch werde die ursprüngliche soziale Basis – die schlecht bezahlten, marginalisierten Unterschichten – oft vernachlässigt. Diese fänden dann Zuflucht bei den neuen rechtsnationalen Parteien.
Dem Autor zufolge sollen sich die Sozialdemokraten auf ihre Kernaufgaben besinnen und sich einer praktischen, problemorientierten, zukunftsoffenen Politik öffnen. Hierfür sei der Abschied von sozialistischen Illusionen und Identitäten erforderlich. Was die Kernaufgaben der Sozialdemokraten im Detail sind, wird im Artikel leider offen gelassen.