Inzwischen bin ich wieder in deutschem Gefilde. Den Höhepunkt meiner Reise in den Norden Israels möchte ich euch dennoch nicht vorenthalten.
Hier kommt Reisebericht 3.0.
Eines Morgens wachte ich in Tiberias auf und beschloss, etwas Verrücktes zu machen. Nein, ganz so war es nicht. Der Tag wurde im positiven Sinne tatsächlich verrückt, aber eins nach dem anderen.
Also, eines Morgens wachte ich in Tiberias auf. Ich überlegte, wie ich den noch jungen Tag sinnvoll gestalten konnte. Der Strand reizte mich nicht allzu sehr. Ich beschloss daher, nach Kapernaum zu reisen. Es gab jedoch ein Problem: Es war Shabbat. Folglich ruhte der Nahverkehr. So musste ich nach alternativen Reisemöglichkeiten Ausschau halten.
Ich hatte mehrere Ideen, um nach Kapernaum (16 km von Tiberias entfernt) zu gelangen.
- Wandern
- ein Boot mieten
- ein Fahrrad mieten
Option 1 (Wandern) habe ich schnell wieder verworfen, da ich keine Wanderkarte hatte und nicht irgendwo mutterseelenallein herumirren wollte. Option 2 (mit dem Boot) wäre toll gewesen. Die wildromantische Vorstellung, alleine mit dem Boot gen Kapernaum zu rudern, nur ich und das Wasser, hätte mich fast dazu verleitet, es wirklich zu tun. Aber meine Vernunft brachte mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Zwar kann ich rudern, aber es wäre doch etwas größenwahnsinnig (auch für mich!), alleine auf einem unbekannten See zu rudern. Somit blieb nur noch Option 3 (Radfahren), die ich aber auch toll fand – zu diesem Zeitpunkt dachte ich noch, dass ich schön am See entlang radeln würde.
David, die nette Seele, teilte mir mit, dass das Hostel Aviv in Tiberias Fahrräder vermieten würde.
http://www.lonelyplanet.com/israel/north-of-tiberias/hotels/aviv-hostel
Nach einem Umweg über ein israelisches Frühstücksbuffet stand ich wenig später stolz mit einem Mountainbike vor dem Hostel. Die Route war klar, einfach der Straße folgen.
Es war noch Vormittag, heiß und schwül, aber noch ertragbar. Zur Info, August ist der heißeste Monat des Jahres, mit bis zu 36 Grad. Hinzu kommt eine hohe Luftfeuchtigkeit. Wer jemals im Sommer am See Genezareth war, weiß, was mir noch bevorstand!
Munter und voller Tatendrang radelte ich los.

Im Übrigen war das Fahrrad nicht einwandfrei, beim Fahren hatte es komische Geräusche von sich gegeben. Vielleicht darf man von einem Mietrad nicht allzu viel erwarten.
Schnell merkte ich, dass es doch anstrengender war, als ich es mir vorgestellt hatte. Die Route war an sich machbar, das Wetter war aber das Problem. Es war sehr heiß. Nachdem ich Tiberias verlassen hatte, war es plötzlich nicht mehr feucht, sondern vielmehr heißtrocken, ähnlich wie in Bet She’an.

Ich habe aus Bet She’an teilweise gelernt und sehr viel zum Trinken mitgenommen. Ich hatte aber das Gefühl, dass ich nicht so viel trinken könnte, wie ich gleich wieder ausschwitzte. Nachdem ich wieder ein paar Kilometer geschafft hatte – es hatte mich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gewundert, dass ich die einzige Radfahrerin auf dem heißen Asphalt war- beschloss ich, eine weitere Rast einzulegen, und zwar an einer Tankstelle.
Unterwegs begegnete ich bis dahin nur drei einsame Wanderer, die dem heißen Wetter trotzten und durch die israelische Prärie irrten. Wir begrüßten uns in verständnisvoller und brüderlicher Manier, ein jeder wusste um die Qualen des anderen.
Ich verbrachte sicherlich mindestens eine Stunde an dieser Tankstelle. Erst verharrte ich sehr lange in dem klimatisierten Verkaufsraum, danach hatte ich ein sehr interessantes Gespräch mit einem israelischen Geschäftsmann. Wen man nicht alles an einer Tankstelle trifft!
Nach der Tankstelle kam der angstrengendste Teil der Route. Es ging steil bergauf – zumindest ich fand die Straße steil, wobei das natürlich nichts zu sagen hat! 🙂 Ich hatte mir das Leben leicht gemacht und einfach GESCHOBEN!


Auf dem Weg nach Kapernaum machte ich einen Abstecher zur Pilgerstätte Tabgha (hebr. En Sheva), den „Ort der sieben Quellen“. Hier soll die wundersame Brotvermehrung durch Jesus stattgefunden haben.
Vgl. Matthäus 15, 32 ff.
http://www.bibleserver.com/text/LUT/Matth%C3%A4us15



Ich war im richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort und bekam hautnah eine Filmaufnahme mit. Ein niederländisches Filmteam dreht im Auftrag der katholischen Kirche eine Dokumentation über das Leben und Wirken von Jesus. Tabgha darf hier natürlich nicht fehlen. Ein niederländischer Priester führt durch diese Dokumentation.
Die Dokumentation wird nur in den Niederlanden ausgestrahlt – schade.
Einige Eindrücke:




Nicht nur das Filmteam war eine freudige Überraschung, sondern auch der Besuch…

Aber noch immer war ich nicht in Kapernaum. Ich wusste, dass es nicht mehr weit weg sein konnte. Ich wollte und konnte nicht aufgeben, so sprang ich auf meinen Drahtesel, nahm meine letzte Kraft zusammen und radelte los.

Man höre und staune, ich erreichte tatsächlich „das gelobte Land“!






Ich verbrachte eine kurze, aber schöne Zeit in Kapernaum. Es war lustig, dass ich fast den ganzen Tag gebraucht hatte, um nach Kapernaum zu kommen, und dort „nur“ kurz verweilte.
Auf dem Rückweg nach Tiberias sprang ich an einem „wilden“ Strand schnell ins Wasser. Dort traf ich auch zwei junge Israeli…
Nach dem erfrischenden Bad beeilte ich mich, nach Tiberias zurückzukehren, da die Zeit schon fortgeschritten war und ich nicht ohne Licht auf einer dunklen fremden Straße fahren wollte. Ich merkte aber schnell, dass ich körperlich einfach erschöpft war.


Das Hostel Aviv bietet sogar einen Abholservice an. Ich hatte die Befürchtung, dass ich es alleine nicht mehr nach Tiberias schaffen würde. Andererseits war dieser Abholservice vermutlich nicht billig, sodass ich mein Fahrrad WEITERSCHOB.
An einer Bushaltestelle neben der Tankstelle, an der ich mich sehr lange ausgeruht hatte (s.o.), traf ich eine Gruppe israelischer Pfadfinder, die tatsächlich auch aus Ramat Gan stammte.
Sie warteten auf einen neuen Bus aus Tel Aviv, da in ihrem vorherigen Bus die Klimanlage ausgefallen war und es in Israel nicht möglich ist (wirklich nicht!), ohne Klimaanlage zu fahren.
Ich setzte mich zu meinen Leidensgenossen und wir warteten, die Jugendlichen auf den Bus von Tel Aviv, ich darauf, dass der Shabbat vorüberging und wieder ein Bus fuhr.



Ich „bettelte“ darum, dass die Gruppe mich mitnahm. Leider war es nicht möglich, da sie nicht nach Tiberias fuhren. Mithilfe der modernen Technik fanden sie aber heraus, dass ein Bus nach Tiberias demnächst kommen würde. Dennoch war mir mulmig zumute, als die Gruppe abgeholt wurde und ich alleine zurückblieb. Es war schon dämmerig, meine blühenden Fantasie malte sich schon aus, wie ich mich alleine mit einem Fahrrad ohne Licht nach Tiberias durchschlug. Ich rief sogar im Hostel an, um den Preis des Pick-Up-Service zu erfahren. Da er zu teuer war, harrte ich weiterhin aus, bis das Licht der Hoffnung mich anstrahlte… ein öffentlicher Bus!
Diese Reise war eine Bereicherung für mich, sowohl physisch (ich habe an diesem Tag gefühlt mindestens drei Kilo abgenommen!) als auch psychisch.
Welche Lehren ich aus diesem Ausflug gezogen habe? Viele! Hier nur einige:
- Der Weg ist tatsächlich das Ziel.
- Es gibt immer einen Weg.
- Teile ein großes Hindernis in kleinere Stücke auf, dann wird das Hindernis plötzlich ganz klein.
- Lerne, zu überwinden.
- Es ist nicht wichtig, wie lange man zum Ziel braucht, sondern es ist wichtig, dass man überhaupt ankommt.
- Manchmal ist eine Pause zwischendurch lebenswichtig.
- Wage einen Blick nach links und nach rechts, nicht nur geradeaus.
- Sei offen für die Menschen, die dir auf deinem Weg begegnen.
- Traue dich, Menschen anzusprechen.
- Verwirkliche deine Vision.
- Last, but not least: Wage, dich an kleinen Dingen zu erfreuen.
Diese Reise der Erkenntnisse wird mir für ewig in Erinnerung bleiben. Übrigens, ich fahre immer noch gerne Rad! 🙂
Ups, da wähnte ich Dich gerade noch in Israel und schon biste wieder hier! Aber danke für den schönen Reisebericht! …
Ich war letztes Jahr im Sommer für einige Zeit in Tiberias und kenne die Strecke sehr gut. So kann ich mit „Fug und Recht“ sagen, dass Du Dir da wirklich ziemlich viel zugemutet hast – und das alles an einem Tag! Ich fand die Idee, mit dem Fahrrad den See zu umfahren, auch sehr reizvoll, nur hat mich die Hitze davon abgehalten, diesen Gedanken in die Tat umzusetzen. (Mit dem Auto geht es viel bequemer! 😀 )
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Ich wäre gerne noch in Israel! Es ist soo kalt hier…
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Ich käme gleich mit! …
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Wer weiß, vielleicht kommen wir noch eines Tages irgendwo in Israel zusammen!:)
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Wer weiß! …
😀
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