Die Unruhe wächst – nicht nur rechts: Mit ihrer Flüchtlingspolitik droht die Kanzlerin die CDU zu spalten.
Von Matthias Geis und Tina Hildebrandt
http://www.zeit.de/2015/39/fluechtlingspolitik-angela-merkel-cdu
(…) Und es ist das Gegenteil dessen, was seine Kanzlerin sagt: Es gibt keine Obergrenze für politisches Asyl. (…)
Ich verstehe nicht, warum manche Menschen sich über diesen Satz von Merkel aufregen. Sie spricht nur aus, was im Art. 16a Absatz 1 GG normiert ist.
Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
Es gib tatsächlich keine Obergrenze für politisch Verfolgte. Art.16a GG ist aber so restriktiv gestaltet, dass die wenigsten, die jetzt in Deutschland Asyl begehren, unter diesem Absatz fallen dürften. Die Einschränkungen des Asylrechts ergeben sich bereits aus Art. 16a GG selbst. Demzufolge soll die Anerkennungsquote nach Art. 16a GG entsprechend gering sein und seit 2002 bei unter 2 % liegen. Eine andere Frage ist die nach der Anerkennung als Flüchtling gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention. Hier soll die Anerkennungsquote höher liegen.
Was hat Merkel also genau zum Asylrecht gesagt? Hier zur Erinnerung das Interview, das sie der Rheinischen Post am 11.09.2015 gab.
Auf die Frage „Wie viele Flüchtlinge kann Deutschland pro Jahr vertragen, um sie gut aufzunehmen?“ antwortete Merkel:
Da kann es keine einfache Zahl als Antwort geben. Das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte kennt keine Obergrenze; das gilt auch für die Flüchtlinge, die aus der Hölle eines Bürgerkriegs zu uns kommen. Doch es kommen auch Menschen aus sicheren Staaten, gerade vom Balkan, zu uns, mit dem – aus ihrer Sicht – verständlichen Wunsch, ein besseres Leben zu führen. Aber wenn sich keine Asylgründe ergeben, und das ist bei diesen Menschen in fast allen Fällen so, dann müssen sie rasch in ihre Länder zurückkehren. Deshalb werden wir die Asylverfahren beschleunigen. Gleichzeitig wollen wir aber für eine kleinere Zahl von Menschen vom Balkan die legale Einwanderung ermöglichen, etwa wenn sie einen Arbeitsplatz hier vorweisen können.
Merkel bezog sich bezüglich der Asyl-Obergrenze auf politisch Verfolgte und Flüchtlinge aus Bürgerkriegsländern. Sie betonte gerade, dass auch Menschen aus sog. sicheren Staaten nach Deutschland kämen, diese aber in fast allen Fällen kein Asyl bekommen würden und dementsprechend „rasch in ihre Länder zurückkehren“ müssen.
Die Presse müsste sich kritisch die Frage stellen, ob sie durch ihre Berichterstattung nicht ebenfalls dazu beigetragen hat, dass jetzt (fast) alle Flüchtlinge nach Deutschland wollen. Ich denke nicht, dass allein Merkel der schwarze Peter zugeschoben werden kann.
Was könnte helfen, um dem „Flüchtlingsansturm“ Herr (!)* werden zu können?
*ausdrücklich nicht genderkonform 🙂
Trotz „Sonntagsdown“ fallen mir folgende Aspekte ein:
- schnelleres Asylverfahren
- ggf. schnellere Abschiebung bei „aussichtslosen“ Fällen
- Verstärkung der Flüchtlingszentren an der EU-Außengrenzen und Ausstattung derselben mit ausreichend finanziellen Mitteln
- Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU nur bei anerkannten Flüchtlingen (es ist für mich sinnlos, Flüchtlinge durch halb Europa zu fahren, wenn sie sowieso nicht bleiben können)
Wir müssen uns entscheiden:
Entweder wollen wir ein zukunftsfähiges Asylsystem bewahren. Dazu gehört (leider) auch, Menschen abzuschieben, die kein Asyl erlangen können.
Oder wir weichen die Grenzen des Asylverfahrens so sehr auf, dass letztendlich das System nicht mehr funktionieren wird und zukünftig kein Schutz für wirklich politisch Verfolgte gewährt werden kann.
Wir leben in einer ungerechten Welt. Dazu gehört auch, dass manche Menschen es sich leisten können, Schlepper zu bezahlen, die sie nach Europa bringen, manch anderer aber nicht.
Liegt eine zumindest annähernd gerechte Vorgehensweise nicht darin, es allen Menschen zu ermöglichen, in irgendeiner Weise Asyl beantragen zu können, unabhängig von den finanziellen Mitteln? Und das kann meiner Ansicht als „Laien“ nach nur in den Herkuftsländern selbst gewährleistet werden.